Wildvögel richtig füttern

Das korrekte Füttern von Vögeln


Ornithologen schwenken um:
Ganzjahresfütterung heimischer Wildvögel „erlaubt“

Nicht nur im Winter bei Eis und Schnee, rund ums Jahr dürfen und sollen frei lebende Wildvögel gefüttert werden, erklärt der Naturschutzbund NABU Bremen. Selbst die ornithologische Fachwelt beginne laut NABU-Geschäftsführer Sönke Hofmann den Wert der Fütterung zu erkennen. Eine Aussage, die die Position des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) e.V. untermauert. Die Kritik des NABU an herkömmlichen Futterhäuschen teilt der ZZF jedoch nicht.

Mit dem Glaubenskrieg in Deutschland um die Wildvogel-Fütterung scheint es vorbei zu sein. „Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber selbst die ornithologische Fachwelt beginnt den Wert der Futterstellen zu erkennen“, stellt NABU-Geschäftsführer Sönke Hofmann fest. Dies dürfte auch ein Verdienst von Prof. Peter Berthold sein, dem ehemaligen Direktor des Max Planck Instituts für Ornithologie, Direktor der Vogelwarte Radolfzell und Stiftungsrat der Heinz Sielmann Stiftung. Zusammen mit seiner Frau Gabriele Mohr plädiert Berthold nicht nur für die Winterfütterung, sondern empfiehlt sogar die ganzjährige Fütterung. Die Befürworter der Ganzjahresfütterung argumentieren: Werde das ganze Jahr über Futter ausgelegt, könnten Vogelpopulationen wieder auf ein Maß anwachsen wie zu der Zeit, als die Natur noch intakter war. Diese These wird in Fachkreisen noch kontrovers diskutiert (siehe hierzu auch den Artikel „Plädoyer für die Ganzjahresfütterung“ in zza 2/2006, Seite 32 ff).

Umfangreiche Studien in Nachbarländern über den Einfluss der Vogelfütterung im Winter oder sogar während des gesamten Jahres auf die Populationen verschiedener Wildvogelarten besagen allesamt, dass die winterliche Fütterung den Tieren ausschließlich nützt, sofern sie artgerecht durchgeführt wird. Aus Forschungsergebnissen z.B. in Großbritannien geht sogar hervor, dass eine ganzjährige Vogelfütterung den Tieren nur nutzt und nicht schadet, sofern sie artgerecht erfolgt.


Artgerechtes Futter für die entsprechende Jahreszeit

Ganzjährige Fütterung ist nur dann artgerecht, wenn unterschiedliche Futtermittel für die Winter- und Sommerfütterung angeboten werden. Das fett- und energiereiche Wintervogelfutter hat während der wärmeren Jahreszeit ausgedient. Dieser Aspekt wird von einigen Herstellern mit entsprechenden Futtermitteln bereits berücksichtigt. In den USA ist man sogar noch einen Schritt weitergegangen und bietet auf einzelne Arten abgestimmtes Futter für Frühling, Sommer, Herbst und Winter an.

Auch der NABU Bremen (www.nabu-bremen.de) vertritt schon seit Jahren eine fütterungsfreundliche Position. In seinem Schullandheim Dreptefarm betreibt er Schaufütterungen. „Wir sind dabei nicht beseelt vom Gedanken, mit unseren Fütterungen Arten zu retten. Aber für die Kinder ist selbst eine sehr häufige Kohlmeise auf zwei Meter Entfernung eine Sensation“, berichtet Hofmann. „In meinen ersten Jahren habe ich auch die gängigen Argumente nachgeplappert“, gibt der gelernte Förster zu, „es klang ja einleuchtend.“ So sei die Behauptung, die Fütterung würde Zugvögel „umprogrammieren“ laut Hofmann „vollkommener Quatsch: Was die Biologen vor zwei, drei Jahrzehnten noch nicht ahnten, war der beginnende Klimawandel“. Schlüsselerlebnisse für Hofmanns eigenen Sinneswandel waren Beobachtungen am Nistkasten und ein Besuch der britischen Insel, wo die Bevölkerung sommers wie winters füttert, ohne Nachteile für die Vogelwelt.

Auch mit einem anderen viel zitierten Vorurteil räumt Hofmann auf: „Es hieß immer, im Frühjahr würden die Vogeleltern dann Körner statt Insekten füttern und die Brut würde deshalb missgebildet oder eingehen.“ Erkenntnissen zufolge sei die Suche nach eiweißreichen Insekten jedoch „ein reines Instinktprogramm, unabhängig vom Knödel vor dem Fenster. Nur bei Nahrungsknappheit greifen die Vögel in ihrer Not auf unsere Futterstellen zurück. Dies ist allemal sinnvoller, als die Brut verhungern zu lassen.“


Pro Winterfütterung

Während sich viele Tier- und Naturschutzverbände noch auf eine eingeschränkte Winterfütterung (nur bei Frost und Schnee) verständigen können und ansonsten auf die Darwinsche Evolutionstheorie verweisen, setzt sich neben dem NABU Bremen auch die Wildvogel-Hilfe (www.wildvogelhilfe.org) kritisch mit den Argumenten auseinander, die seit Jahrzehnten gegen eine Fütterung von Wildvögeln ins Feld geführt werden.

Eingriff in die Natur: Da der Mensch bereits massiv auf zerstörerische Weise in die Natur eingegriffen hat bzw. eingreift, stellt das Zufüttern einen erhaltenden, also positiven Eingriff in die Natur dar.

Wildvögel verlernen, sich auf natürlichem Wege zu ernähren: In sämtlichen Untersuchungsreihen in Großbritannien hat sich gezeigt, dass die Tiere zwar das vom Menschen gereichte Futter annehmen, wenn Nahrungsmangel besteht, es aber lediglich als Zusatzfutter verwerten. Sie verlernen es nicht, sich selbstständig in der Natur mit Futter zu versorgen und behalten ihre ursprünglich vorhandenen Fähigkeiten zum Aufspüren von Nahrung bei

Die Fütterung stärkt wenige und populationsstarke Vogelarten: An einem Futterplatz spiegelt sich das Zahlenverhältnis der Vogelarten naturgemäß wider. Um möglichst viele Vogelarten anzusprechen, muss eine möglichst breite Palette an Futtermitteln angeboten werden und die Futterplätze müssen den Artansprüchen gemäß gestaltet sein. Bei artgerechter Fütterung an einem mit Sachverstand geführten Futterplatz finden sich viele verschiedene Art ein, ohne dass z.B. die häufig vorkommenden Meisen seltene Vogelarten verdrängen.

Natürliche Nahrung ist nicht zu ersetzen: Diese Aussage ist nur bedingt richtig, da das Nahrungsangebot in vielen Regionen bereits durch menschliche Eingriffe in die Natur geschmälert ist. Namhafte Futtermittelhersteller bieten inzwischen eine große Palette hochwertiger Nahrung für verschiedene Vogelarten an. Außerdem geht es bei der Wildvogelfütterung generell nicht darum, die natürliche Nahrung komplett zu ersetzen, sondern die vorhandenen Ressourcen zu ergänzen. Auch der NABU ist der Ansicht, die handelsüblichen Mischungen seien in der Regel gut geeignet. Hüten sollten sich Vogelfreunde allerdings vor manchen billigen Futtermischungen, die auch ganze Weizenkörner enthalten. Dies sei ein billiger Füllstoff, den die Vögel nicht fressen.

Falsches Futter macht Vögel krank: Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass Vögel die für sie falsche Nahrung in der Regel verschmähen und nur dann annehmen, wenn sie in allergrößter Not sind und anderenfalls verhungern würden. Futterplätze sind Brutstätten von Krankheiten: Wo sich viele Lebewesen tummeln, können Krankheiten leichter übertragen werden. Hygiene ist deshalb sehr wichtig! In diesem Zusammenhang empfiehlt der NABU Futterautomaten statt der herkömmlichen Futterhäuser: Die bekannten Futterhäuschen seien ungeeignet, weil sich kaum jemand die Mühe mache, alle zwei Tage den Futterplatz gründlich zu säubern. Dagegen bliebe in Futterautomaten das Futter trocken und komme nicht mit Vogelkot in Berührung.

Diese Meinung des NABU wird vom ZZF allerdings nicht geteilt. Damit das Futter (zumal bei heißen Temperaturen im Sommer) nicht im Futterautomaten verderbe, dürfe er täglich nur mit kleinen Mengen befüllt und nicht gefressenes Futter entsorgt werden. Insofern ergebe sich kein geringerer Wartungsaufwand für Futterautomaten gegenüber den bekannten Futterhäusern. Im Übrigen ist der ZZF der Auffassung, dass Futterhäuser ebenso wie Futterautomaten auch im Winter täglich (und nicht nur alle zwei Tage) gereinigt werden sollten. Dabei spiele nicht nur die Hygiene eine Rolle, sondern auch die Kontrolle darüber, was und wie viel von dem angebotenen Futter gefressen wurde. Nur so könne man die Futtermenge den Bedürfnissen der Vögel anpassen. Außerdem sei es kurzsichtig, die Hygiene am Futterplatz nur auf eine mögliche Verunreinigung durch Kot zu beziehen. Man müsse auch die Verderbnis (z.B. durch Schimmelbildung) berücksichtigen und im Winter durchaus die Möglichkeit, dass das Futter feucht wird. Feuchtes Futter verklumpt und führt dadurch zu Verstopfung des Futterautomaten.